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KMU werden daran gehindert, ihre Buchführung zu digitalisieren

SchweizBuchhaltung

Die digitale Buchführung soll für KMU erleichtert werden. Thomas Brändle fordert eine einfachere rechtskonforme Archivierung von Buchhaltungsbelegen.

 

Mit digitalen Prozessen und Archiven lässt sich die Buchhaltung mit weniger Aufwand und Kosten erledigen als auf dem herkömmlichen Papierweg. Trotzdem gibt es nur wenige Unternehmen und Treuhänder, die zu 100 Prozent auf eine digitalisierte Buchführung setzen. Für Thomas Brändle, Geschäftsführer der Infoniqa Schweiz AG und Gründer von Run my Accounts AG, hat dies folgenden Grund: Die Bestimmungen der eidgenössischen Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) schreibt eine umständliche, technisch veraltete und teure Archivierung der Buchführungsinformationen vor. Deshalb lancierte Brändle eine Petition, die später als Motion im Nationalrat im März 2022 einstimmig mit 179:0 Stimmen angenommen wurde. Doch damit sind die Wege für eine erleichterte digitale Buchführung in der Schweiz noch nicht geebnet, wie Brändle im Interview mit Infoniqa erläutert.

In der Geschäftsbücherverordnung werden verschiedene Möglichkeiten genannt, wie Unternehmen die Buchführung während zehn Jahren rechtskonform archivieren können. Sie sehen darin gewichtige Nachteile. Welche sind das?

Die heutigen Regeln führen dazu, dass Unternehmen immer noch mit viel Papier arbeiten. Der Aufwand, um diese Papierdokumente dann doch noch zu digitalisieren, ist enorm hoch. Zudem entstehen Medienbrüche, was zu Fehlern führt, die wiederum gefunden und korrigiert werden müssen. Ich sehe das bei anderen Unternehmen im Treuhandbereich: Hochqualifizierte Mitarbeitende verbringen viele Stunden, um Belege abzutippen oder zu scannen. Und am Schluss muss das Papier doch fürs Archiv aufbewahrt werden. Das ist einfach umständlich. Würde man einen Beleg als digitalen Datenträger verstehen, könnte er medienbruchfrei zwischen Buchhaltungsprogrammen ausgetauscht werden: Eine einmal erstellte Debitoren-Rechnung könnte automatisch im Buchhaltungsprogramm des Empfängers eingelesen werden. Es bräuchte nur noch ein elektronisches Freigabe-Verfahren.

 

Die GeBüV sieht unveränderbare und veränderbare Informationsträger vor. Was heisst das genau?

Zu den unveränderbaren gehören Papier, Bilddaten – also heute nicht mehr gebräuchliche Mikrofichen – und sogenannte WORM-Speicher, die veraltet, teuer, kaum erhältlich und nicht zukunftssicher sind. Zudem rät der Bund zur Verwendung von CD-ROM, die ebenfalls unveränderbar sind und deren Haltbarkeit teilweise mit 5 Jahren angegeben wird. Dabei müssen die Informationen mindestens 10 Jahre aufbewahrt werden. Und: Heute benutzt kaum mehr jemand CDs, die meisten Computer haben kein CD-Laufwerk mehr.

Dann wäre die Alternative also, veränderbare Informationsträger zu verwenden?

Hier liegt genau das Problem: Das wäre technisch ohne Weiteres möglich. Doch weil die Integrität der Daten mit einer von der GeBüV vorgesehenen digitalen Signatur und zusätzlich mit einem digitalen Zeitstempel versehen werden muss, wird das Verfahren für die meisten Unternehmen zu aufwändig und zu teuer.

 

Wie aufwändig und wie teuer?

Die Signatur erfordert eine spezielle Software, die viel kostet und fachgerecht implementiert werden muss, was komplex sein kann und IT-Expertise benötigt. Dabei bleiben die Signaturen nur jeweils drei Jahre gültig und müssen danach erneuert werden. Um den Zeitpunkt der Speicherung unverfälschlich nachweisbar zu machen, ist zudem der Zeitstempel notwendig, der ebenfalls zusätzlich eingekauft werden muss. Auch hier ist die Anwendung mit zusätzlichen Kosten verbunden und kompliziert. Zudem muss das technische Verfahren transparent sein, also der ganze Prozess muss dokumentiert und überprüfbar gemacht werden. Das Unternehmen muss Protokolle erstellen und Logfiles generieren und speichern, um den Beweis der korrekten Verarbeitung erbringen zu können.

Das hindert die meisten KMU, diesen Weg zu gehen.

Nur wenige KMU sind finanziell, organisatorisch und technisch in der Lage, den Archivierungsprozess digital nach diesen hohen Anforderungen der GeBüV durchzuführen. Ich spreche hier von möglichen Gesamtkosten von mehreren Zehntausend Franken. Die Folge davon ist: Man belässt gleich von Anfang die gesamte Buchhaltung in Papierform und archiviert sie auch so.

 

Aber praktisch alle Unternehmen verwenden doch Buchhaltungsprogramme für die tägliche Arbeit.

Schon, aber nur für einen Teil der Prozesse. Meist werden Rechnungen, z.B. auch die neue QR-Rechnung,auf Papier verschickt, die dann abgetippt oder gescannt werden, um sie im E-Banking oder in der eigenen Buchhaltungssoftware zu verarbeiten. Dabei könnte man mit rein digitalen Formaten wie ZUGFeRD per Knopfdruck Rechnungen effizient und fehlerfrei von einem System in ein anderes übertragen beziehungsweise die Rechnung begleichen. Solange sich noch derart viel Papier für Rechnungen im Umlauf befindet, lohnt sich ein rein digitaler Prozess selten.

 

Hat dieses digitale Rechnungsformat Nachteile?

Nein, die Unternehmen könnten unglaublich viel Geld sparen, hätten weniger Arbeit, weniger falsche Verbuchungen und müssten sich nicht auf entsprechende Fehlersuche begeben. Doch in der Schweiz werden elektronische Belege wie ZUGFeRD von der breiten Masse an Unternehmen kaum genutzt. Dies wegen der hohen Anforderungen der GeBüV, was die Aufbewahrung anbelangt.

 

Für Treuhänder bleibt also die Schuhschachtel mit den Papierbelegen ihrer Mandanten auch 2022 noch aktuell.

Für viele, ja. Ausser sie stellen um und arbeiten wie bei Run my Accounts zu 100 Prozent elektronisch. Kunden senden ihre gescannte Rechnungen oder PDFs respektive Run my Accounts scannt die gesamte Post der Kunden gleich vollständig ein. Es gibt auch andere Beispiele in der Branche, die auf digitalisierte Prozesse setzen. Diese Treuhänder erfüllen die Anforderungen in Sachen Signatur und Zeitstempel  und sorgen für die entsprechende Überprüfbarkeit.

 

Rein digital könnten die Prozesse noch effizienter gemacht werden?

Das Scanning von Papier und die Verwendung normaler PDF-Dateien schöpft das Potenzial der Digitalisierung noch lange nicht aus. Um ein gescanntes Papier wieder einzulesen, sind raffinierte Algorithmen (Machine Learning) erforderlich, welche nie zu 100 Prozent genau sein werden. Dabei wäre es so viel einfacher, wenn strukturierte digitale Formate der Standard wären. Mit solchen wird zusätzlich zu einem PDF-Beleg eine XML-Datei übertragen, welche die Felder wie Lieferant, Rechnungsdatum, Mehrwertsteuer, einzelne aufgeführte Artikel inklusive Preise, der Totalbetrag sowie Zahlungsinformationen wie IBAN enthält. Stellen Sie sich vor, wie effizient sie eine Buchhaltung erledigen können, wenn Sie all diese Daten nicht mehr abtippen müssen. Solchen Formaten gehört die Zukunft – nur können sie sich nicht durchsetzen, weil die Geschäftsbücherverordnung im Weg steht, welche eine Papierbuchhaltung übervorteilt.

 

Sie können also nachvollziehen, dass ein normales KUM oder ein Treuhandbüro diesen Aufwand nicht auf sich nehmen will.

Durchaus. Wieso zuerst die elektronische Rechnung in Papierform bringen, um sie dann wieder zu digitalisieren? Deshalb setze ich mich ja für eine Vereinfachung der digitalen Buchführung ein und habe die Petition lanciert.

 

In der Politik ist diese Petition auf viel Zuspruch gestossen.

Und wie: Nachdem FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger und FDP-Nationalrat Andri Silberschmid unseren Vorschlag in eine Motion gegossen hatten und er von der Rechtskommission einstimmig angenommen wurde, nahm in der Frühlingssession auch der Nationalrat die Motion mit 179:0 Stimmen an. Dies übrigens entgegen der Empfehlung des Bundesrates, der sich nach wie vor die veralteten Regeln der GeBüV anwenden will.

Wie geht es nun weiter?

Nun kommt die Motion vor die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats. Bei Annahme kommt sie im Ständerat zur Abstimmung. Wird die Motion auch dort angenommen, ist der Bundesrat gezwungen, die GeBüV zu ändern.

 

Doch es bleibt offen, was der Bundesrat entscheiden wird.

Wir haben die Formulierungen bewusst allgemein gelassen, um das Risiko einer Ablehnung zu vermindern. Im OR sind die Grundsätze der ordnungsgemässen Buchhaltung ja vorgeschrieben, diese sind wichtig und daran soll sich auch nichts ändern. Es geht nur um die Art der Aufbewahrung, wie sie in der GeBüV vorgeschrieben ist. Selbst die eidgenössische Steuerverwaltung hat bekannt gegeben, dass sie bei Mehrwertsteuerkontrollen die elektronische Rechnung, die gescannte Papierrechnung und die Papierrechnung gleichstellt. Wieso sollen also weiterhin die komplizierten und umständlichen Regeln der GeBüV gelten?

 

Warum handhabt das die eidgenössische Steuerverwaltung mit der Mehrwertsteuer so?

Das kann ich mir nicht erklären. Da scheinen aus Pragmatismus tiefere Anforderungen als in der GeBüV zu gelten. Doch in der Praxis nützt das den Unternehmen nichts, weil andere Revisoren aus dem Sozialversicherungsbereich, den Kantonen etc. nach wie vor die Regeln der GeBüV befolgen.

 

Was wäre Ihr Wunsch für den Entscheid des Bundesrates?

Man könnte die Signatur freiwillig machen. Wir Petitionäre fordern, dass Unterlagen ohne digitale Signatur oder ähnliche Verfahren auf konventionellen Datenträgern, auf Servern oder in der Cloud aufbewahrt werden können, sofern der Nachweis der Korrektheit des Beleges nach den Grundsätzen ordnungsmässiger Buchführung gemäss Artikel 957a OR eingehalten sind. Die GeBüV stellt wesentlich höhere Anforderungen als das Obligationenrecht

 

Dann bleibt also abzuwarten, was der Ständerat im Sommer oder Herbst entscheidet und was danach der Bundesrat vorschlägt.

Ja. Es ging mit der Motion sehr schnell, viel schneller als sonst üblich in der Politik. Wir haben gemerkt, dass es da ein grosses Bedürfnis nach Veränderung gibt. Ich bin zuversichtlich. Sowohl KMU als auch Treuhänder würden von einer Erleichterung der digitalen Buchführung enorm profitieren. Endlich könnte auch die Buchhaltung den Digitalisierungsschub machen, der längst überfällig ist und der in so vielen Unternehmen für Erleichterungen sorgen dürfte.

 

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