Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Alles was Sie wissen sollten
Der gelbe Schein – das war lange Zeit das Synonym für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Doch mit dieser Form der Bescheinigung ist es bald vorbei! Denn das Formular aus Papier wird abgeschafft und gegen ein digitales Verfahren ersetzt. Was das für Arbeitgebende und arbeitsunfähige Arbeitnehmende bedeutet und wie lange eine solche Bescheinigung - egal ob elektronisch oder physisch - überhaupt noch nötig ist, erfahren Sie in diesem Artikel.
Inhalt:
In welchen Fällen wird HR mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung konfrontiert?
Hätten Sie gedacht, dass sich der Krankenstand bzw. die Arbeitsunfähigkeit in Unternehmen im Jahr 2020 trotz Pandemie nicht nennenswert verändert hat? Tatsächlich mussten HR-Abteilungen wegen Corona nicht mehr Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen als in den Vorjahren bearbeiten. Das geht aus dem aktuellen Fehlzeiten-Report 2021 für Mitglieder der Krankenkasse AOK hervor.
AOK-Versicherte fehlten diesem zufolge im Durchschnitt 19,9 Tage am Arbeitsplatz. 2019 waren es mit 19,8 Tagen fast genauso viele.
Die häufigsten Gründe, warum HR mit Krankmeldungen oder dem "gelben Schein" vom Arzt konfrontiert wurde, waren - laut Krankenkassen - keine akuten Corona-Infektionen, sondern vor allem:
- Muskel-Skelett-Erkrankungen (22,1 Prozent),
- gefolgt von psychischen Erkrankungen (12 Prozent),
- Atemwegserkrankungen (11,8 Prozent) und
- Verletzungen (10 Prozent) sowie
- Erkrankungen des Kreislaufsystems und der Verdauungsorgane (5,1 beziehungsweise 4,2 Prozent)
Also ganz klassische Gründe für eine Arbeitsunfähigkeit. Wegen einer Covid-19-Diagnose erhielten zwischen März 2020 und Juli 2021 gerade einmal 3,2 Prozent der versicherten Erwerbstätigen eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Definition: Was ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Was ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eigentlich genau? Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten im Krankheitsfall und bei Arbeitsunfähigkeit von ihrem Arzt ein gelbes Formular bzw. einen gelben Schein mit je einem Durchschlag für sich selbst, für die Krankenkasse und einem für den Arbeitgeber. Sie sind als Patienten in der Pflicht, dem jeweiligen Adressaten den jeweiligen ärztlichen Nachweis zukommen zu lassen. Da das alles bisher noch vollkommen manuell passiert, zieht das nicht elektronische Procedere ein bisschen Bürokratie nach sich.
Zwar werden die Informationen für die Krankenkasse seit Oktober 2021 über ein digitales Meldeverfahren von den behandelnden Ärzten und Ärztinnen direkt an die Krankenkassen übermittelt. Aber noch bis zum 1. Juli 2022 sind Arbeitnehmer*innen, die arbeitsunfähig sind, in der Pflicht, den gelben Zettel, also die eigentliche Bescheinigung vom Arzt über eine Arbeitsunfähigkeit, für ihren Arbeitgeber per Post an den oder die HR-Ansprechpartner*in Ihres Unternehmens zu schicken. Danach - ab 2022 - wird auf das elektronische Verfahren gewechselt.
Nach diesem Stichtag muss in Betrieben die nötige Technik bereitstehen, um die Krankmeldung digital zu bearbeiten und die korrekte Entgeltfortzahlung zu gewährleisten. Das Versenden einer physischen Bescheinigung zur Arbeitsunfähigkeit an Krankenkasse und Co. soll damit obsolet werden. Die entsprechenden Daten über den Patienten fragt der Arbeitgeber dann direkt bei der Krankenkasse über sein Payroll-System ab. Auf diese Umstellung auf elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen müssen sich Unternehmen akut vorbereiten. Die Frist läuft.
Was sind typische Regelungen und Vorgaben rund um Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen?
Egal ob auf Papier oder digital: Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung brauchen Arbeitnehmende erst, wenn eine Erkrankung länger als drei Kalendertage dauert. Der Arbeitgeber darf die Bestätigung vom Arzt zwar auch zu einem früheren Zeitpunkt einfordern, muss diese Bedingung aber in einer Klausel im Arbeitsvertrag festhalten.
Außerdem gilt:
- Dauert eine Erkrankung länger als zunächst in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angegeben, müssen Angestellte eine Folgebescheinigung vorlegen, um die Entgeltfortzahlung zu erhalten.
- Ausgestellt werden kann eine solche Bescheinigung nur von Ärzten, Fachärzten oder Zahnärzten.
- Über die Art der Krankheit müssen Arbeitnehmende bei einer Krankmeldung keine Auskunft geben. Das unterliegt dem Datenschutz.
Übrigens: Falls Arbeitnehmende während ihres Urlaubs krank bzw. arbeitsunfähig werden, können sich diese die Urlaubstage, an denen sie etwa mit einem Infekt das Bett hüten mussten, mit Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt wieder gutschreiben lassen. Und das in Zukunft vielleicht sogar voll elektronisch!
Wenn eine Arbeitsunfähigkeit von längerer Dauer ist
Werden Arbeitnehmende krank und fallen für eine überschaubare Zeit aus, beziehen sie weiterhin ihren vollen Lohn bzw. ihr volles Gehalt, was der Arbeitgeber regulär auszahlt. Nach sechs Wochen übernimmt die Krankenkasse. Dann beziehen Arbeitnehmer*innen, die länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind, nicht mehr ihr Gehalt, sondern haben als Patient laut Gesetz Anspruch auf Krankengeld. Dieses beträgt 70 Prozent des letzten Arbeitsentgelts und maximal 90 Prozent des Nettogehalts. Insgesamt zahlt die Kasse bis zu 78 Wochen aufgrund derselben Erkrankung Krankengeld.
Wobei sich viele Arbeitgeber oft nicht bewusstmachen, wie sie aktiv dazu beitragen können, Ausfälle innerhalb ihrer Belegschaft zu reduzieren. Da viele Krankheitsausfälle auf Stress zurückzuführen sind, kann ein verbessertes Betriebsklima den Ausschlag geben, dass sich Fehlzeiten entscheidend reduzieren. Schon das konsequente Einhalten von Pausen und das Geringhalten von Überstunden sind wesentliche Faktoren für die Gesunderhaltung von Arbeitnehmenden. Ergebnis: Mitarbeitende werden seltener krank. Ebenso empfehlenswert ist das Angebot von gesundem Essen und von Bewegungsmöglichkeiten. So wird ein High Potential gar nicht erst zum Patient.
Und das zahlt sich aus! Denn unter diesen Bedingungen sind Mitarbeitende nicht nur gesünder, sondern auch motivierter. Der Effekt: Die Leistungsfähigkeit der Belegschaft steigert sich, was sich in besseren Geschäftsergebnissen niederschlägt. Und nebenbei gibt es weniger Bescheinigungen aufgrund von Krankheitsausfällen zu bearbeiten. Wenn das mal keine Win-Win-Situation ist.